Eine Lanze brechen für Buchhandlungen
… und alle darin Beschäftigten, Männer und Frauen
Es ist an der Zeit, den stationären Buchhandel zu loben. Und ich will da ausdrücklich keine Unterscheidung machen zwischen den kleinen, Inhabergeführten Läden und den großen Ketten. In allen Buchhandlungen, die ich besucht habe (und das sind nicht wenige), wurde ich meistens gut beraten (wenn ich das den wollte).
Bevor jetzt die ersten gleich aufhorchen und mein „meistens“ interpretieren, sei gesagt, dass auch Buchhändler und Buchhändlerinnen nur Menschen sind. Daher habe ich auf meistens eingeschränkt. Auch die Beschäftigten in Buchläden sind mal mehr, mal weniger gut drauf. Wissen wir den, was unser Gegenüber gerade plagt, welche Sorgen oder Ängste sie mit sich tragen, wenn sie uns scheinbar desinteressiert oder gar grimmig anschauen?
Im Internet und den dortigen Angeboten wird man keinem Griesgram begegnen, läuft alles ohne menschliche Unwägbarkeiten. Aber wollen wir das, nur noch von Maschinen, von Logarithmen bedient werden? Ich nicht. Sicher kann man nachlesen, wie andere dieses oder jenes Buch fanden. Die Sterne geben den Wert. Aber wie zuverlässig, wie wahrheitsgetreu sind derlei Bewertungen? Wenn da jemand schreibt, wie schrecklich er Ken Folletts Band eins der Jahrhunderttrilogie fand und dann der gleiche Leser, dennoch die weiteren Bände dieser Trilogie niederschmetternd bewertet. Hat er sich noch einmal gequält und dann noch einmal? Kinder sagt man, müssen nur einmal auf eine heiße Herdplatte greifen, um dies nie mehr zu tun. Offenbar müssen gequälte Leser öfters zugreifen, bis sie einsehen, dass das mit ihnen und diesem oder jenem Autor nichts wird.
Zurück zu den Buchhandlungen. Ist es nicht herrlich, in ihnen zu lustwandeln, die Cover zu bestaunen, Exemplare zur Hand zu nehmen und darin zu blättern? Da ich viel mit der Bahn reise, sind es oft Bahnhofsbuchhandlungen, die ich besuche. Verspätungen oder längere Wartezeiten auf Anschlusszüge werden so nicht zur Qual, sondern zur Lust. Meist habe ich reichlich Lesestoff dabei, wenn ich auf Reisen gehe, und doch verlasse ich selten die Läden, ohne ein neues Buch erstanden zu haben.
Buchhändlerinnen und Buchhändler gehören zur Gattung der Büchermenschen und sind mir allein deswegen sympathisch. Ich möchte sie in die Arme nehmen, wenn sie mir mit leuchtenden Augen erzählen, wie sie Kunden helfen konnten, die ratlos das Geschäft betraten und beglückt wieder gingen.
Das Buch, also das gedruckte Buch, ist immer noch eines der schnellen Geschenke, eines der Geschenke überhaupt. Wahrscheinlich hat das Buch in der Hitparade längst Krawatten und Socken, Kochtöpfe und Parfüms überholt. Die Zeiten sind im steten Wandel, und mittlerweile sind Frauen nicht mehr auf ihre Rolle als Hausfrau oder Zierde des Mannes begrenzt, sind Männer lockerer und selbstständiger geworden.
Früher, als nur ein bescheidenes Taschengeld meine Geldbörse füllte, habe ich Stunden in den Büchereien verbracht, bin dort andächtig die Regalreihen entlanggegangen. Unser Bücherbus kam immer freitags, und ich war der erste, der hinein ging und nicht selten der letzte, der wieder hinausging. Im Laufe der Jahre habe ich eigene Schätze angehäuft. Es werden an die eintausend Romane und Erzählbände sein, die ich heute besitze. Dazu etwa ebenso viele Sachbücher, meist zu geschichtlichen Themen. Ein Glück, das die Kinder groß sind und längst das Nest verlassen haben. Platz ist noch da, in den Regalen und in meinem Kopf.
Und so werde ich, liebe Buchhändlerinnen und Buchhändler, immer wieder bei ihnen erscheinen, staunen, die Zeit vergessen und ihren Umsatz ein wenig ankurbeln. Verzeihen sie mir bitte, wenn ich ab und zu meine eigenen Bücher anbiete. Ich will ihnen eben auch eine Heimat geben, will das sie gefunden und gelesen werden.
Ich verdanke den Beratungen unter anderem, Vera Buck und ihren Roman „Das Buch der vergessenen Artisten“ und einer Empfehlung, Doris Dörries Band „Leben, Schreiben, Atmen“. Das sind nur zwei Beispiele. Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter, wenn ich mir vorstelle, dass mein Roman in einer Buchhandlung empfohlen wird. Wir sind eben doch eine Familie, Autorinnen, Autoren, Buchhändlerinnen und Buchhändler, Lesende. Uns allen habe ich das Plakat gewidmet, wozu ich lediglich die Idee, Ralph Sander die Bilder und Katharina Georgi das Layout beigetragen haben.
Zum Schluss noch eine Bemerkung. Weder Buchhändlerinnen noch Autoren, platzen vor Glück, weil sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnten (sofern Autoren davon leben können). Es ist dennoch Arbeit, das Verkaufen ebenso wie das Schreiben, und dementsprechend zu würdigen.
Bevor sie also das nächste Mal im Internet herumklicken und Bücher bestellen, raffen sie sich auf, gehen zu einem Buchladen ihres Vertrauens und kaufen dort ihren Lesestoff für die nächste Reise in unbekannte Welten und in fremde Leben.
Das war nun doch noch eine zweite Bemerkung, aber die musste sein.